Kennst Du das Gefühl der Wut?

Grade jetzt in dieser herausfordernden Situation, in der Du, so wie ich und viele andere vielleicht oftmals das Gefühl haben als Erwachsener bevormundet zu werden? Weißt Du wie sich Wut anfühlt?

Ja? Nein? Sei bitte ganz ehrlich. Ich habe einige Menschen, die ich begleiten darf und die sich nicht daran erinnern können jemals wütend gewesen zu sein, oder dieses Gefühl gar nicht einordnen können. Woher kommt das?

Ganz oft wird uns in der Kindheit die Wut regelrecht ausgeredet, aberzogen, ausgetrieben, mit emotionaler Vergewaltigung wie Liebesentzug.
„Du hast jetzt keinen Grund wütend zu sein!
Reiß Dich mal zusammen! Hör damit auf!“

Gleichzeitig haben wir als Kind auch von den Erwachsenen die Wut gegen uns erfahren. Je nachdem wie die Eltern ihre Wut gezeigt haben, ob sie dabei verletzend, aggressiv, unkontrolliert waren, tragen viele Menschen eine berechtigte Angst vor der Wut in sich und haben dann auch Angst ihre eigene, berechtigte Wut zu fühlen.

In meinen Begleitungen versuche ich in der Inneren Kind Thematik für die positive Energie der Wut zu sensibilisieren, weil sich hinter einer zurückgehaltenen, kontrollierten Wut oftmals eine große Traurigkeit verbirgt.

Hast Du schon einmal beobachtet wie ein Kleinkind zum Beispiel auf dem Spielplatz seine Wut auslebt. Ich habe es bei meiner Tochter und auch bei anderen Kindern im Alter von 3-6 Jahren beobachtet. Sie fühlen ihre Wut aus, stampfen auf dem Boden, bewegen ihre Arme, ballen ihre Fäuste, man spürt und sieht die Anspannung im ganzen Körper. Sie fangen an zu weinen, oder auch zu schreien, zu toben. Dann 5 Minuten später, ist es als ob nichts gewesen ist und sie spielen wieder friedlich auch mit dem Kind, dass sie geärgert hat.

WUT ist ein sehr starkes, reinigendes und sehr wertvolles Gefühl, auch für Dich, denn Deine Energie hat Dich zu diesem Beitrag geführt.

Menschen, die in ihrem Leben die Wut nicht fühlen durften haben fast immer auch ein Thema mit fehlenden Selbstwert, Selbstbewusstsein und Abgrenzung. Kannst Du Dir vorstellen, dass sich das eine ohne das andere nicht entwickeln kann? Du nur dann Deinen Selbstwert fühlst, wenn Du auch die Wut in Dir zulässt? Nein? Dann lass uns doch mal das Gefühl der Wut beleuchten.

Was ist Wut?

Wenn jemand meine Grenzen nicht akzeptiert, übergriffig wird, mich beleidigt, unehrlich ist, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine ist, dass ich das hinnehme, mich nicht wehre, den Übergriff schlucke, akzeptiere, mich ducke. Dadurch schiebe ich mein eigenes Wertgefühl zu Gunsten von Friede, Freude, Eierkuchen zur Seite.

Die andere Möglichkeit die mir solche Situationen zeigen ist meine eigenen Grenzen zu erkennen und demjenigen, der grade übergriffig wird sichtbar, spürbar zu zeigen STOPP, verbal für mich meine Wahrheit in Stellung zu gehen…denn

Meine Wahrheit ist nicht Deine Wahrheit und Deine Wahrheit ist nicht meine Wahrheit.

Wusstest Du

  • dass jahrelang unterdrückte Wut oftmals in die Körperlichkeit geht? In die Leber und vor allem in die Galle? Zudem haben wir im Laufe unserer verbalen Evolution auch die passenden Ausdrücke dafür entstehen lassen, wie: „Mir kommt die Galle hoch. Er spuckt Gift und Galle.“ Man sagt Gallensteine sind geronnene, zusammengepresste Aggressionen. Auch im Magen zeigt sich diese aufgestaute, kontrollierte Wut.
  • dass Du während eines Wutanfalls unter anderem das Hormon Cortisol ausschüttest und dieses durch das Fühlen abgebaut wird? Wenn Du allerdings in Deinem Körper einen Cortisolüberschuss hast sorgt das für Entzündungen, schwächt Dein Immunsystem und da es in den sogenannten Nebennieren hergestellt wird, kann es auch zu einer Schwäche dieser kommen.

Kurt Tepperwein schreibt in seinem Buch – Die Botschaft Deines Körpers

„Wenn jemand seine Aggressionen nicht äußert, dann äußert sie sich auf der körperlichen Ebene als Übersäuerung.
Es braucht seelisches Geborgenheitsgefühl, um Aggressionen äußern zu können, sonst trauen wir uns nicht – aus Angst vor Liebesentzug.“

Ich selbst habe diesen Glaubenssatz von meiner Oma gehört: „Wenn Du wütend bist, dann hab ich Dich nicht mehr lieb!“ Nicht mehr lieb gehabt zu werden ist für ein Kind wie ein Stich ins Herz, Angst alleine zu sein, oder vergleichbar, wenn wir als Erwachsene lebensbedrohliche Existenzängste haben. Da ist sie, die Angst vor der Wut, die im Grunde genommen nichts anders ist, als die Angst, wenn ich nicht mehr lieb und brav bin, sondern meine Wut zeige, hat man mich nicht mehr lieb. Ein berechtigtes und zugleich bedrohliches Gefühl Deines Inneren Kindes.

Ich weiß, dass meine Oma in diesen Situationen, in denen sie sich mit meiner kindlichen Wut konfrontiert gefühlt hat, auch nur überfordert war und deshalb diesen Satz gesagt hat. Aber für mich als Kind war dieses Glaubensmuster „Wütend zu sein bedeutet nicht mehr geliebt zu werden!“ gesorgt niemals meine Wut zu fühlen, geschweige denn zeigen zu können, egal ob ich eine ungerechte Behandlung erfuhr, oder in der Schule von Klassenkameraden zu tiefst verletzt, beleidigt wurde.

Vor allen Dingen habe ich mir jahrelang diese Wut nicht eingestanden über die Entscheidung meiner Eltern mich mit 12 Monaten zu meinen Großeltern zu geben, die Wut auf meine Mutter, die nie für mich da war und die sich auch nie für mich interessiert hat, die Wut, wenn meine Oma mich, als ich 13 Jahre war, mit einem Kleiderbügel mehrmals schlug, weil ich beim Nähen einer Hose einen Fehler machte und damit der ganze Stoff unbrauchbar war. Die Wut, dass ich mein ganzes Leben immer bei meinem Paps leben wollte, aber erst mit 14 Jahren selbst entscheiden durfte, wo ich leben möchte.

Ich habe unzählige solcher emotionalen Vergewaltigungen in meiner Kindheit erlebt und alles geschluckt, alles mit mir machen lassen. Schon als Kind musste ich regelmäßig zum Arzt, weil ich immer wieder Magenbeschwerden hatte, ganz zu schweigen von der körperlichen Fülle, die ich mir regelrecht angefressen hatte.

Aber ich habe meine Wut auf Bildern zum Ausdruck gebracht, oder meinen Großeltern auf andere Art und Weise meine Wut vermittelt.

Meine Oma väterlicherseits erzählte mir oft von ihrer Beziehung mit meinem Opa, der im Krieg verschollen ist und meinte dann: „Wir hatten eine so wundervolle Beziehung, denn ich war niemals wütend und habe nie ein böses Wort gesagt.“

So wuchs ich auf mit ganz viel Wut, die ich nicht fühlen, nichts ausleben, nicht zeigen durfte.

Dabei ist WUT so wichtig, denn dadurch erfahre ich meinen eigenen Selbstwert. Nur dann, wenn ich das Gefühl habe eine Ungerechtigkeit gegenüber mir, oder meiner Wahrheit zu erfahren, spüre ich diese Wut in mir.

In meiner Lebenserfahrung und auch in meinem Inneren Kind Begleitungen habe ich eine für mich sehr stimmige Gleichung WUT = SELBSTWERTGEFÜHL

Wenn auch Du eine negative Einstellung, ein negatives Gefühl für die Wut hast, wie wäre es dieser zum einen eine neue, positive Energie zu geben. Denn die negative Einstellung trägst Du als Glaubensmuster, unter Umständen, seit Jahrzehnten in Dir.

Wie kann ich die Wut positiv verändern?
Nimm das Wort WUT, setze die Buchstaben mal untereinander und suche Dir für jeden Buchstaben ein neues kraftvolles, bestärkendes, positives Wort. Hier einige erarbeitete Varianten

W…ahrheit
U…nter
T…ränen

W…ünsche
U…nd
T…räume

W…illensstark
U…nd
T…atkräftig

W…ehren
U…ngerechtigkeit
T…iefschlag

Schau doch mal welche positiven, wertvollen Worte Du für Deine WUT findest. Gib Dir selbst die Erlaubnis Deine Wut neu zu entdecken.